Nachdem wir hier ja immer mal wieder über Banking geschrieben haben und die ein oder andere Schwachstelle aufgezeigt haben, vor allem die Nachteile die das Vergütungsmodell für die Beratung auf den Kunden hat, möchten wir den Blick in die Zukunft richten.

Es geht hier vornehmlich um das Banking mit privaten Kunden, nicht um Firmenkunden. Das Firmenkundengeschäft, das Investmentbanking und viele andere Spezialbereiche haben eine ganz andere Aussicht als das Privatkundengeschäft. Die letzten Jahre haben wir im Privatkundengeschäft viele Änderungen und Experimente gesehen. Wir müssen es wirklich Experimente nennen, denn die meisten gingen publikumswirksam schief. Anfang der 2000er Jahre gab es beispielsweise die Deutsche Bank 24. Damals kam eine richtige Online Euphorie auf. Man ging davon aus, dass massenweise FIlialen schliessen würden, da es nun das Online Banking gibt. Das war damals noch recht rudimenär. Die meisten Überweisungen waren immer noch Papierüberweisungen und in Deutschland war es so gut wie unmöglich mit Karte zu bezahlen. Ich erinnere mich noch recht gut daran, wie ich damals von einem Kunden aus Schweden angesprochen wurde. Er sagte, Deutschland wäre wie im Mittelalter, überall müsste man bar bezahlen, niemand nehme Karten. Ich gebe zu, dass dies in manchen Regionen selbst heute noch so ist, bestenfalls wird nach der deutschen Sonderlösung Girocard gefragt (umgangssprachlich “Ezeeehhhhkarteee“) und natürlich nur ab 10 EUR Einkaufswert. Laut EU Rechtsprechung sind diese Bedingungen inzwischen unzulässig, aber geben tut es sie dennoch.

Jedenfalls kam er nicht, der große Untergang der Filialen. Und die Deutsche Bank 24, naja das Ende dieses Experiments ist bekannt. Nunmehr 18 Jahre später, ist auch im deutschen Banking die Digitalisierung angekommen. Und man kann wirklich alles online machen, hat beste Konditionen, kann sich in alles einlesen und einarbeiten. Bargeld ist auf dem Rückzug, selbst in Deutschland. Und man fängt an so langsam neuen Technologien etwas offener gegenüber zu stehen.

Neue Spieler kommen auf den Markt. Über einige hatten wir bereits geschrieben. Aber heute möchten wir auch mal ganz bewusst N26 herausgreifen, weil diese nicht ganz so heftig bzw. aggressiv wie Revolut den Markt bearbeiten. N26 ist eine deutsche Bank mit Sitz in Berlin, was weniger Misstrauen bei einem potentiellen deutschen Kunden erweckt, wie ein Unternehmen aus GB. Und man will den deutschen Markt ja nicht gleich überfordern. Und das bekommt N26 ganz gut hin. Sie sind agressiv genug um zu wachsen, aber nicht zu revolutionär um anzuecken.

Mit über einer Million Kunden (Stand: Juni 2018) ist das junge Startup Banking doch recht respektabel. Vor ca. 3 Jahren auf einer Banking Veranstaltung lachte so mancher Vorstand noch über N26. “Die werden es nicht schaffen, die müssen erst mal Kunden gewinnen, wir sind so und so groß und wir haben das Omnikanalbanking“.

Omnikanalbanking? Sollen wir das mal kurz übersetzen? Das ist die Vorstellung, dass der Kunde neben online auch immer noch eine Filiale nutzt.

Vielleicht dachte die Firma Quelle damals auch, dass es ein Omnikanalshopping gibt. Das war die Zeit, als man über Amazon lachte. “Die verkaufen doch nur Bücher und paar Add Ons Online. Die müssen erst mal Geld verdienen. Ob sich das wirklich etabliert?” Der Ausgang ist bekannt.

“Paypal? Was ist das. Der Deutsche Kunde liebt sein Bargeld und das Girokonto. Die werden es nicht schaffen, das bleibt ein Nischenanbieter.”

Heute hat Paypal wieviel Kunden? Laut Statista wurden im 1. Quartal 2018 2,21 Milliarden Bezahlvorgänge abgewickelt, Paypal hat 192 Millionen aktive Nutzer und bedient 200 Märkte.

Die Antwort aus Deutschland? Paydirekt. Jahre zu spät, der Zug ist wieder einmal abgefahren!

Und so kann man die Geschichten des Scheiterns fortschreiben. Es ist eine Geschichte von Fehleinschätzungen und des Unterschätzens der digitalen Dynamik. Schon Sunzi sagte in dem Werk “The Art of War”:

Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten. Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden. Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst. wirst du in jeder Schlacht unterliegen.”

Bei Gesprächen mit Bankführungskräften habe ich meist das Gefühl, dass sie nahezu gar keine Ahnung von der Industrie 2.0 Thematik haben, Kundenwachstum im digitalen Zeitalter und überhaupt vom Internet.

Es gibt Social Media Bankseiten, die voll von Likes und Kommentaren sind. Likes und Kommentaren von eigenen Mitarbeitern! Es gibt Bankführungskräfte, die ernsthaft meinten im Darknet mit google suchen zu können. Und es gibt Bankführungskräfte deren Schlafzimmerbilder kann man mit einfachsten Tricks aus dem Netz ziehen.

Klar das ist vielleicht humorvoll oder auch beängstigend. Es soll nur mal ein einfaches Beispiel sein, wie entfernt viele von der Realität sind. Ich hatte schon oft miterlebt, das solche verantwortlichen Personen von PayPal und Revolut noch nie etwas gehört haben. Und Apple hat eine Banklizenz in Irland? Für was brauchen die das denn?

Es ist lustig oder traurig, je nach Perspektive.

 

 

Und wie geht es nun mit dem Banking weiter?

Filialen verschwinden, Arbeitsplätze werden abgebaut. Es scheint immer die einfachste Antwort zu sein Arbeitsplätze abzubauen. Lustigerweise werden für solche Analyseergebnisse Millionen bezahlt. Bislang hört man selten, dass dies zum Erfolg führt. Natürlich könnte man auch mal an anderen Stellen Kosten reduzieren. An Dienstwagen, überzogenen Führungskräftegehältern und teueren Werbeveranstaltungen. Aber das bleibt aus.

Es scheint manchmal so zu sein, wie wenn jemand 10 kg abnehmen will und bewusst Muskeln abbaut um Gewicht zu reduzieren, damit er seinen Bierbauch behalten kann.

Overweight woman body with hands touching belly fat
Wäre es nicht verrückt anzunehmen, nach der Schwangerschaft müsste man Muskeln abnehmen, statt dem Schwangerschaftsspeck? Aber genau das ist der Gedanke in Banken. Statt unnötige und teure Führungskräfte zu reduzieren, die meist mit Rumfahren und Kosten produzieren beschäftig sind, werden eher zig Mitarbeiter am Kunden abgebaut.

 

Eine wirkliche Innovation dagegen – danach muss man lange suchen. Neue Ideen Geld zu verdienen sind rar, man beschränkt sich darauf Kontoführungsgebühren zu erhöhen und jede erdenkliche Standardleistung zu bepreisen. Selbst Kontoauszüge bei manchen Instituten.

Die “Beratung” bleibt wie eh und je, angeblich kostenlos, aber mit Milliarden an Gebühren und Verwaltungsvergütungen in Wirklichkeit bezahlt. Es bleibt also beim Verkaufsgespräch, statt der echten Beratung.

Dennoch glauben wir, dass es Banking in der Zukunft gibt. Einerseits für alle online, durch Apps auf Mobilgeräten und Orts unabhängig überall.

Aber auch für die Menschen, die gerne mit einem echten Berater zusammen sitzen und sich über Geld und Anlagen unterhalten möchten und eine ehrliche und partnerschaftliche Antwort möchten. Oder einfach nur moralische Unterstützung.

 

 

Es wird immer Beratung geben

Aber es wird echte Beratung sein. Und dazu muss sich das Vergütungsmodell ändern. Beim Steuerberater und Anwalt zahle ich auch für die Beratung.

Ob das stundenweise oder für eine komplette Betreuung ist, dass ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

Aber echte Beratung und das Vermitteln von wertvollen Inhalten kann niemals kostenlos sein!!

Anderenfalls wäre es die Qualität von Zeitungshoroskopen und die Vertrauenswürdigkeit des afghanischen Kartoffelhändlers. (ihr wisst was gemeint ist, ich hoffe den gibt es nicht wirklich)

Wenn im Banking für Beratung bezahlt wird, statt für Produkte, dann kehrt echte Ehrlichkeit und Offenheit ein. Und die wirkliche Fachkompetenz wird nachgefragt. Statt einem Verkäufer, der gut dokumentieren kann und die Produktflyer auswendig kennt, wird das dann ein Gespräch mit einem Menschen werden, der selbst eigene Erfahrung in den Finanzmärkten hat und einen unterstützend begleitet.

Dieses Gespräch findet nicht mehr in Filialen mit starren Öffnungszeiten statt. Sondern überall. Daheim, in Florida, in Rom, wo immer man sich verabredet. Und zu jeder Zeit. Sonntags morgens ist die beste Zeit? Dann da. Lieber Montags um 20 Uhr? Warum nicht.

Das ist echt Mobilität und Flexibilität. Ich habe meinen Banker immer zur Verfügung, kann mich immer austauschen, persönlich, per Video und überall zu jeder Zeit.

Es wird immer Beratung geben, aber es wird natürlich nicht reichen für Provisionsvertrieb und die bisherigen maßlos überteuerten Strukturen. Und auch nicht für teure Autos, zig Führungsebenen und Filialen mit teurer Ausstattung.

Aber mal ehrlich. Wer braucht das denn alles?

Dies ist eine neue Zeit.

 

Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist.

Victor Hugo

8 Kommentare zu „Banking der Zukunft

  1. Letztens in einer Morgenbesprechung einer Filialbank: „sie sollen dem Kunden nichts erklären, nur wenn er explizit nach fragt „😂 Das ist Verkauf und sicher keine Beratung!

  2. Zitat aus unserer Zeitung: 😂😂

    Wie auch bei anderen Direktbanken wird auf Bankberater verzichtet, das spart Kosten. Einen Nachteil bedeute dies aber nicht zwangsweise, bemerkt Verbraucherschützer Nauhauser. Nur dadurch könnten Direktbanken bessere Konditionen anbieten. „Der fehlende persönliche Bezug zu einem Bankberater ist meines Erachtens eher sogar von Vorteil“, so Nauhauser. Da in der Bank Produkte nur gegen Provisionen verkauft werden, sei eine objektive Beratung im Kundeninteresse ohnehin ausgeschlossen.

  3. Gibt es noch irgend eine Filialbank mit kostemlosen Depot und Konto die empfehlenswert ist oder die sich wenigstens in etwa mit den Direktbanken messen kann?

  4. Niemals werde ich wieder zu einer dieser Drückerbanken zurück kehren. Bin bei der DiBa und wunschlos happy. Tolle Seite, weiter so!

  5. Denk auch es hat auf die beschriebene Weise Zukunft ab einem gewissen Einkommens- und Bildungsniveau. Alle anderen nutzen Apps und Robo Advisor oder lassen sich weiter den teuren Maklerquatsch verkaufen. Und eines darf auch nicht unterschätzt werden: Die Zufriedenheit. Wenn Max mit Bank X zufrieden ist auch wenn ihn das ein Vermögen an Gebühren kostet, empfiehlt er es Mäxchen weiter. Und Mäxchen übernimmt. Ist jedem sein Leben und wer es so will, sei es drum. Mehr wie aufklären geht nicht.

    1. Ja das sehe ich auch so. Aufklären und Wege aufzeigen kann man machen, aber der Gegenüber muss es auch wollen. Wobei vielen Menschen auch einfach die Fakten zum Banking fehlen. Es bleibt spannend😉

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