“Man spürt die Absicht und man ist verstimmt!”

– Johann Wolfgang von Goethe

 

 

Heute möchte ich mich ausnahmsweise mal dem Mainstream anpassen und eine klassische Finanzblogüberschrift wählen. Selbstverständlich gibt es viele Orakel, die man dazu befragen könnte. Wenige qualitative und fachlich hochwertige, sehr teure, sehr schlechte, teure und schlechte und natürlich viele Blog-Menschen, die uns die finanzielle Freiheit direkt nach dem Schlüpfen aus dem Ei erklären wollen.

All das ist meinen Lesern und mir bekannt. Und auch einer der Hauptgründe, warum ich solche Themen seltener aufgreife, weil ich denke, jeder der Hunger nach solchen Themen hat, findet schon einen der tausenden Finanzblogs dazu. Aber dem scheint nicht so zu sein. Also werde ich sozusagen auch mein Finanzrestaurant dazu eröffnen, aber nur von Donnerstag bis Samstag zwischen 18 und 22 Uhr, dass heisst es wird wohldosiert und selektiv sein.

Eigentlich ist die Geldanlage nach allem was wir heute wissen keine komplizierte Sache mehr. Es wurden Bücher geschrieben, wie das Standardwerk von Dr. Gerd Kommer. Es ist klar belegt, ETFs sind das Mittel der Wahl und mit dem passiven Geldanlegen fahre ich als Privatanleger am besten, wenn es um den klassischen Vermögensaufbau geht.

 

Was bedeutet das ganz einfach gesagt?

Das bedeutet, ich investiere in eine Anlage, die ein riesiger Korb von Aktien ist, der global aufgestellt verteilt ist. Über 1.400 Unternehmen aus allen Industrieländern, dazu etwas Schwellenländer. Ich bin überall dabei. Durch die breite Streuung schliesse ich einzelne Risiken aus. Wenn ein Unternehmen sich zum Nachteil verändert, dann fliegt es aus dem Index und somit aus meiner Anlage automatisch raus, ein neues Unternehmen kommt rein. Unternehmen, die es heute vielleicht noch gar nicht gibt, die aber noch gegründet werden und wie beispielsweise Apple dann erfolgreich werden, kommen automatisch in meine Anlage rein. Ich muss dazu nichts tun.

Das einzige was ich beachten muss, ist meine Risikogewichtung. Investiere ich also beispielsweise 40, 50, 70 oder 100% meines zur Verfügung stehenden freien Anlagekapitals in diesen ETF oder vielleicht gar nichts, weil ich nur zwei Jahre Geld anlegen kann oder 109 Jahre alt bin.

Wissenschaftlich belegt ist, es gibt bei dieser Anlage auf etwa 30 Jahre zwischen 5-7% Rendite im Jahr. Natürlich im Schnitt, diese Anlage kann im Crash 50% in den Keller gehen, aber auch Jahre mit 30% Wertzuwachs und mehr haben.

Der ETF ist sehr günstig, selbst teurere Exemplare kosten mit 0,4% p.A. nur ein Bruchteil was andere Geldanlagen kosten.

Damit ist diese Anlage ideal für die Altersvorsorge, für langfristiges Sparen oder einfach den ganz grundsätzlichen Vermögensaufbau.

Obwohl dies alles keine Geheimwissenschaft ist, legen in Deutschland die Menschen ihr Geld meist anders an. Und das möchte ich heute aufgreifen, denn genau DASS ist das Problem, welches zu enormen Kosten für Privatanleger führt, zu Verlusten, zu Gerichtsprozessen und Klagen und sogar zu zerstörten Freundschaften.

Wie legen Menschen in Deutschland ihr Geld meist an?

 

 

Blackwater.live - Zielkonflikt Finanzvertrieb
Schwere Interessenkonflikte. Eine Win-Win Situation wird es eher in einer Schnapsbar als im Finanzvertrieb geben.

Quelle: gettyimages/istock

 

 

Bei der Bank oder Sparkasse

Der klassische Geldanleger sucht nach Rat. Und er möchte jemanden haben, der die Verantwortung übernimmt. Also geht er zu seiner Bank oder Sparkasse und findet dort sogenannte Berater. Sie scheinen eine kostenlose Beratung anzubieten. Es gibt ekelhaften bis durchschnittlichen Maschinenkaffee dazu. Manchmal sogar Kekse. Lecker.

Der Berater oder die Beraterin ist in Wirklichkeit ein Verkäufer. Etwas was Banken und Sparkassen nicht hören wollen, was aber per Definition FAKT ist. Sonst können wir die Leute im Autohaus auch Berater nennen. Warum sind sie keine Berater sondern Verkäufer?

Weil sie Produkte verkaufen müssen. Sie werden nicht für Beratung bezahlt. Meist sind es ihre eigenen Produkte. Aber selbst wenn so ein Banker die ganze Freiheit der Produktauswahl hätte, so ist er immer noch ein Verkäufer. Warum? Weil er bzw. sein Arbeitgeber durch die verkauften Produkte bezahlt wird und nicht für die Beratung.

Es spielt also gar keine Rolle, ob Provisionen an den Banker bezahlt werden oder nicht. Die meisten Banken und Sparkassen zahlen an ihre Angestellten heute keine Provisionen und erklären ganz stolz, es wäre deswegen nun eine echte Beratung. Aber das ist NICHT so. Denn nochmal:

Wie soll es eine Beratung sein, also unabhängig und ohne Interessenkonflikt, wenn die Bank nur Geld verdient, wenn ein Produkt verkauft wird?

Hier gibt es einige weiterführende Artikel auf meiner Seite dazu:

 

 

 

Stand heute haben die meisten Anleger diesen scheinbar einfachen und klaren Zusammenhang zwischen dem Interessenkonflikt, den enormen Kosten und dem Scheitern ihrer Geldanlage noch nicht verstanden. Das ist aber kein Problem, denn ihnen kann geholfen werden.

Hier nochmal die Definition:

 

In·te·r·es·sen·kon·flikt, Interessenskonflikt

/Interéssenkonflikt,Interéssenskonflikt/

Substantiv, maskulin [der]
  1. aus einem Interessengegensatz resultierender Konflikt

 

Zwei Beispiele zum besseren und artikelbezogenen Verständnis:

 

 

Situationsbeispiel Nr. 1

Liselotte A. will eine Beratung für die richtige Geldanlage. Sie ist 76 und darf sich nicht aufregen, da sie Herzprobleme hat. Das Geld soll jederzeit verfügbar sein. Max Banker muss einen Fonds verkaufen. Seine Chefin Frau Berta Kraut-Quarktasche braucht für ihre Bankfiliale mehr Ertrag, sonst bekommt sie keinen Vertriebsbonus.

Wird Liselotte A. das für sie richtige Tagesgeld empfohlen bekommen oder den 5% Ausgabeaufschlag – Fonds mit 2% jährlichen Kosten? Hmm…

 

Situationsbeispiel Nr. 2

Markus A.C. Waldhaus informiert sich in einem Finanzblog über Geldanlage. Er holt sich zusätzliche Expertise durch ein Coaching oder eine Honorarberatung. Hier wird er voll aufgeklärt und zahlt für Wissen, nicht für Produkte.

Wird Markus A.C. Waldhaus eine souveräne Entscheidung treffen, die zu ihm passt?

Man könnte die beiden Beispiele auch kombinieren. Wenn Liselotte A. die Oma von Markus wäre, könnte sich Markus in einer echten Beratung Expertise für die Geldanlage seiner betagten Oma holen und mit der Oma dann zusammen entscheiden. Wenn die Oma das möchte. Und da hier kein Interessenkonflikt vorliegt, wäre die Empfehlung sicher kein Fonds und schon gar keine geschlossenen Beteiligungen an Schiffen und Flugzeugen, wie schon öfters vorgekommen.

 

 

Manche Anleger vertrauen Banken und Sparkassen aber auch einfach deshalb, weil sie denken, jemand würde die Verantwortung übernehmen. Aber eines sei gesagt: Es ist nicht so. Banken und Sparkassen vermitteln Geldanlagen und sind juristisch sauber abgesichert. Durch die Erfahrung der Gerichtsprozesse der letzten Jahre haben sie enorm dazu gelernt. Egal wie sehr dem Anleger den Eindruck hat, dass es sich um eine Anlageempfehlung der Bank handelt, vor Gericht wird er merken, dass er selbst diese Anlage ausgewählt hat und sich das ganz zufällig aus dem Gespräch ergeben hat. Eine Art “Anlagenotstand” wurde bedient.

Und was ist mit der Visitenkarte von meine Banker oder der Bankerin? Da steht Finanzexperte für Altersvorsorge, Vorsorgespezialist, Experte für Vorsorge, Experte für Investments, Sparkassenfachwirt, Bankfachwirt, Diplom Bankbetriebswirt, Senior Experte, Finanzplaner und vieles mehr darauf. Bedeutet das alles nichts?

Antwort: Auch wenn manche Visitenkarten heute beidseitig bedruckt werden müssen und ein Vermögen für Schulungen und Studiengänge ausgegeben wurde, so bringt es dem Kunden leider nichts. Denn der Interessenkonflikt bleibt das Problem. Der Banker oder Sparkässler MUSS verkaufen.

Auch wenn er versucht zu beraten, so ist es am Ende ein Verkauf. Mit all den Kosten, die den Erfolg der Geldanlage am Ende deutlich schmälern, wenn nicht sogar unmöglich machen. Diese ganzen Qualifikationen würden natürlich helfen, wenn es eine echte unabhängige Beratung wäre, eine Honorarberatung. Mehr dazu könnt ihr weiter unten lesen.

Aber auch hier muss ich doch etwas bremsen. Denn aus der Erfahrung von drei Banken kann ich euch berichten, dass diese Titel nicht zwangsläufig auch bieten was sie verheissen. Die letzten Jahre waren die erworbenen Titel sehr inflationär verteilt und ich übertreibe nicht wenn ich schreibe, manche Banker(innen) hatten zwar fünf Titel auf der Visitenkarte, hätten aber China nicht auf einer Landkarte finden können, halten ETF für einen neuen Abnehmtrend und Derivat für eine Modedroge.

Wie schon im Podcast mit dem Finanzwesir erklärt, halte ich es für eine Generationenfrage. Erfahrene Banker mit etwas mehr Semestern auf dem Buckel haben noch umfangreiches Fachwissen, auch wenn sie es selten einsetzen dürfen. Die Generation die nachkommt, hat dies meiner Erfahrung nach in den seltensten Fällen. Die Banken legen wert auf “dumm verkauft gut”.

Dies war übrigens mal ein Grund, warum ich vor vielen Jahren bei einer renommierten feinen Bank für ein exklusives Ärzteklientel nicht eingestellt wurde. Ich würde mich “zu sehr für die Finanzmärkte interessieren, dies wäre dem Verkauf hinderlich.” Man möchte einen Vollblutverkäufer. Damals hat mich das noch etwas geärgert, heute kann ich darüber lachen. Ich würde nicht sagen, dass ich ein schlechter Verkäufer war. Aber für mich hat es immer voraus gesetzt, selbst von einer Sache überzeugt zu sein. Mit dieser Einstellung lassen sich heutige Quartalszahlen von Vertriebsbanken nicht mehr erreichen.

Nun hat sich die Bankenvertriebswelt wohl eher der Juristerei angeschlossen, in der es in meinem Wirtschaftsrechtstudium stets mit einem Lächeln hiess:

“Interessenvertretung ist keine Charakterfrage.”

 

Blackwater.live - Finanzielle Freiheit. Meine oder die der anderen?
Der nette Makler von nebenan. Ob er mich unabhängig beraten kann?

Quelle: gettyimages/istock

 

 

Versicherungsmakler, Unabhängige Finanzberatung, Strukturvertrieb

Kommen wir zur nächsten Kategorie, die ich mit den Begriffen Versicherungsmakler, unabhängige Finanzberatung und Strukturvertrieb zusammenfassen will. Wie bei den Banken und Sparkassen nenne ich keine Namen. Es ist ohnehin egal, denn das Prinzip ist immer das gleiche: Verkauf.

Nachdem es in den letzten 20 Jahren immer mehr Ärger mit Banken und ihren Vertriebsmethoden gab, nutzte dies den oben genannten neueren “Finanzexperten”. Denn diese waren nicht so böse und gemein wie die Banken, sondern echte Freunde. Hört sich komisch an? Ist aber so.

 

“Das ist Michaela Fleissig, Versicherungsmaklerin. Die ist voll unabhängig und zeigt dir die beste Altersvorsorge. Ausserdem lebt sie in dem gleichen Kuhdorf wie wir und ist auf jedem Fest dabei. Manchmal sogar unterm Tisch – nach fünf Schnaps. Geh mal zu ihr.”

“Kennst du schon Orhan Finanzchecker? Der ist bei einem Unternehmen, es heisst glaube ich DVxx oder Unabhängige Finanzoptimierer AG, voll cool. Er kennt sich voll aus. Fährt einen neuen Mercedes. Total erfolgreich, der Typ.”

“Schon mal bei Fridolin Finanzoptimum gewesen? Er hat sein Büro direkt neben dem Laden für Kängeru-Futtermittel. Er berät dich unabhängig in allen Finanzfragen. Wenn es sein muss, kommt er sogar bei dir daheim vorbei.”

“Ich hab da einen Bekannten im Kleintierzüchterverein. Immer wenn wir unsere angolanischen Braunfellmeerschweinchen trainieren, gibt er mir gute Finanztipps. Er ist übrigens ein Riester-Profi. Geh mal zu ihm!”

 

 

So oder so ähnlich lauten die Geschichten. Falls noch nicht bemerkt, alle Namen sind natürlich frei erfunden. Und keine der Firmen gibt es. Aber mal Hand aufs Herz, wir wissen sicher alle, wie diese Firmen wirklich heissen. Und die Storys dazu findet man auch überall im Netz.

Wie bei den Banken und Sparkassen haben wir hier das gleiche Problem: Den Interessenkonflikt. Alle werden aus den Produkten bezahlt, alle MÜSSEN verkaufen. Daher ist was sie tun vieles, nur sicher keine Beratung! Daher spielt es auch keine Rolle welche fachliche Qualifikation sie haben. Meiner Erfahrung nach, haben diese Art Vertriebler eher weniger Qualifikation und sind oft Quereinsteiger, dafür aber oft durch Solarium gebräunte Haut und enorm viel Charme und Verkaufstalent. Aber nochmal: Qualifikation ist hier weniger das Problem. Das würde nur zu Tage treten, wenn es echte Beratung wäre. Denn dann würde es mehr als einen Crashkurs für VWL und Finanzen mit Multiple-Choice-Fragen brauchen, falls überhaupt durchgeführt.

 

Blackwater.live - Finanzplanung selbst gestalten
Fast so schön wie selbst zu essen, statt gefüttert zu werden: Geld selbst anlegen und selbst planen.

Quelle: gettyimages/istock

 

 

Jetzt reicht’s, ich lege mein Geld selbst an!

Unter dieser Überschrift versammeln sich alle anderen Anleger. Von den ca. 81 Millionen Menschen in Deutschland sind ca. 20 Millionen Menschen Kunden bei Direktbanken. Bei manchen dürfte dies nur eine Bankverbindung für das Tagesgeld sein. Oder für ein kostenloses Girokonto. Aber es sind auch all die dabei, die Geld so anlegen wie sie es vom Finanzwesir und anderen Blogs kennen, vielleicht der ein oder andere auch von mir.

Manche nutzen eine echte Beratung, die Beratung gegen ein Honorar. Oder ein Coaching. Dabei werden keine Produkte verkauft, sondern Denkanstösse geliefert und der Anleger in die Lage versetzt, selbst zu handeln. Als informierter und geldgebildeter Anleger.

Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Und da dieser Artikel positiv enden soll, fange ich kurz mit dem negativen in diesem Selbstanlegerlager an, denn auch das gibt es.

Wer sein Geld selbst anlegt, ist immer noch einer Menge Problemen ausgesetzt. Es gibt viele heisse Tipps von Bekannten, es gibt Leute die All-In in Bitcoin gehen, es gibt Menschen die nur Edelmetalle kaufen. Manche werden auch verführt durch die gestiegene Märkte und investieren viel zu viel Geld in die Aktienmärkte. Oft wird die persönliche Risikoklasse nicht richtig ermittelt, weil es die letzten Jahre so gut gelaufen ist. Die Diskussionen auf vielen Finanzblogs werden mit massiver Härte und Fanatismus geführt.

 

“Ja, die Welt geht unter und daher ist Gold die richtige Anlage! Alle die das nicht kapieren sind dumm!”

“FIAT Money ist tot, es lebe Crypto!”

“Alpha-Strategien schlagen doch den Markt!”

“Nur Passiv ist gut, alles andere dumm.”

“Er/sie/es Miki Spitzmaus hat nun seinen eigenen Fonds. Der wirft immer 10% p.A. ab. Du glaubst es nicht? Du bist ein mieser xxxxx.”

 

 

Aber ich möchte euch zum Abschluss und zum Wochenende etwas versöhnliches liefern. Oft haben Aussagen von Selbstanlegern auf Finanzblogs gar nicht unrecht. Nur der Absolutheitsanspruch der Positionen und der glühende Eifer mit dem diskutiert wird, zerstört den eigentlich richtigen Ansatz.

Aber bevor wir zum Resümee kommen, wie kann ich denn nun selbst Geld anlegen?

Hier zwei einfache Schritte und ein DIY-Artikel. Und das Beste: Es kostet nichts.

 

 

 

Blackwater.live - Volatilität
Jede chancenreiche Geldanlage hat auch mal schlechte Jahre bzw. Zeiten. Das ist ganz normal. Aber wenn man sie selbst(und)bewusst sowie aufgeklärt gewählt hat, dann kann man diese Zeiten leichter durchstehen. Am Ende ist Geduld und Ausdauer einer der Haupterfolgsfaktoren bei Risikoanlagen.

Quelle: gettyimages/istock

 

 

 

Geldanlage ist etwas persönliches

Die richtige Geldanlage ist eine Anlage, die zu mir passt. Es hat mit anderen gar nichts zu tun und ich muss meine Meinung anderen nicht aufdrücken. Für den einen wird das Tagesgeld passen. Er ist vielleicht schon 73 Jahre alt und sitzt auf 900.000,00 EUR wie einer meiner Kunden. Was soll er noch anlegen? Wenn er sich sagt, “ich habe Spass daran mit einem kleineren Betrag ETFs zu kaufen”, dann kann er das tun. Aber anlegen müsste er nichts mehr. Das Geld reicht, die Sanduhr läuft durch. Wir trinken zusammen einen Rotwein. (Danke L., dass ich Dich erwähnen durfte, niemand weiss wer Du bist)

Eine junge Anlegerin weiss, sie braucht Rendite. Sie liest einige Artikel, räumt ihre Finanzen auf, startet einen ETF Sparplan und fährt eine 100% Aktienquote damit. Sie hat über 40 Jahre bis zur Rente und ob sie diese in Deutschland oder der Levante erlebt, dass weiss sie heute noch nicht.

Ein Anleger liebt Gold. Gold ist schön, alleine die Farbe. Es fühlt sich gut an. Man kommt sich mit ein paar Goldbarren vor wie Dagobert Duck. Also kauft er regelmässig Gold. Ihm ist bewusst, dass der Goldpreis volatil ist. Er ist aber auch mit einem marktbreiten ETF investiert und hält nach seiner persönlichen Risikoneigung 30% seines Geldes in Cash. Er fühlt sich wohl, NACHDEM er sich über die Chancen und Risiken seiner Aufstellung informiert hat und diese Entscheidung bewusst getroffen hat.

 

Und es gibt auch diese Fälle, die ich persönlich zwar bitter finde, aber so ist das Leben. Manch einer hat immer noch nicht verstanden, welches Problem es mit dem Finanzvertrieb gibt und kommt nicht damit klar, wenn er bei der Honorarberatung nicht alle zwei Wochen angerufen wird, wie er es von früher gewohnt ist. Warum soll man bei einer passiven und global gestreuten Geldanlage auch dauern anrufen? Daher geht er oder sie zurück zum Bankvertrieb mit dem Kaffee und den Keksen. Der Preis ist enorm hoch. Aber Geldanlage ist eine persönliche Entscheidung. Und auch wenn niemand anders die Verantwortung übernehmen wird, wir werden sie persönlich in jedem Fall tragen müssen.

 

Zusammenfassend würde ich nach der jahrelangen Berufserfahrung als Banker und als Unternehmer sagen: Wenn Menschen für sich eine Geld-Entscheidung treffen NACHDEM sie sich informiert haben und die Chancen und Risiken kennen, NACHDEM sie voll aufgeklärt wurden, NACHDEM sie eine oder mehrere Nächte darüber geschlafen haben und wenn diese Entscheidung unabhängig von anderen ist, dann ist es eine individuell gute Entscheidung.

Denn dann, so meine Erfahrung, trägt man die Schwankungen und zwischenzeitlichen Verluste, die jede chancenreiche Geldanlage hat. Man wächst damit auch als Mensch, der Charakter wird fester.

Es gibt keine perfekte Geldanlage. Sie kann nur individuell die passende Geldanlage sein, was der beste Fall ist. Aber in jedem Fall ist Geldanlage etwas sehr persönliches, da Geld aus unserer Lebensleistung oder der von anderen erwirtschaftet wurde und wird.

Deutschland legt im Jahr 2019 sein Geld in den meisten Fällen leider nicht finanzgebildet und souverän an, sondern geführt und an der Leine des Finanzvertriebs. Da die Gesellschaft zu immer weniger Eigenverantwortung und immer mehr Staat umerzogen wird, wird diese Entwicklung noch länger anhalten. Außerdem ist die Lobby des Finanzvertriebs enorm mächtig. Daher wird es auch bei Absichtserklärungen bleiben, was man aus dem Bereich der Politik zu diesem Thema vernehmen darf.

Aber der einzelne kann für sich eine bessere Entscheidung treffen. Es ist also eigentlich völlig egal, wie Deutschland im Jahr 2019 Geld anlegt. Entscheidend ist, wie Du Dein Geld anlegst. Und wie hiess es mal so schön?

Du bist Deutschland.

 

 

 

“Richtig und falsch unterscheiden sich nicht dadurch, ob es alle machen.”

– unbekannt

24 Kommentare zu „So legt Deutschland Geld an

  1. Themenfonds sind die neue Anlage. Gerade Post erhalten. Ich solle die Fonds wählen, die zu mir passen. Alles Zukunftsthemen wie Gesundheit, Cybersicherheit u.ä.? Und ohne Ausgabeaufschlag. Aber mit knapp 2% Kosten jedes Jahr. hehehehe

  2. Auf den Punkt getroffen! Ich „durfte“ vor Jahren die Finanzen meiner Eltern ordnen, da sie es selbst nicht mehr konnten. Jahrelang wurde durch die Bank Wertpapiere gekauft und verkauft. Ohne irgend ein erkennbares Muster. Es ging nur um Gebührenschneiderei. Ich habe es mit meinem Bruder zusammen mal ausgerechnet. Von diesen Gebühren hätte man einen mittleren Neuwagen kaufen können. Durch deine Seite weiss ich, es kommen noch jährliche Kosten in den Fonds dazu. Ich habe mir den Spass gemacht und habe ausgerechnet was gewesen wäre, wenn das Vermögen wenigstens zu 50% in den All-World Vanguard gesteckt worden wäre. Bei dem Ergebnis könnte ich heulen. Bank? Finanzberater? NIE WIEDER!!

  3. Sehr guter Artikel, habe ihn (hoffe das ist in Ordnung) auf meiner Facebook Seite geteilt. Wenn nur 10 Leute ihn lesen und einer im Anschluss anfängt seine Finanzen selbst in die Hand zu nehmen ist schon viel erreicht.

  4. Deutschland legt in erster Linie dumm an. Tagesgeldvergleich und Co. sind immer noch die Top Suchbegriffe. Wenn mal Aktien gekauft werden, dann endet es meist im Disaster. Pennystocks, Telekom und Co. Dann geht es wieder zum Sparkonto zurück. Oder Steingold. Immobilien sind sicher. 😂

  5. Hallo liebe Blackwater’s, ich schätze eure Arbeit und lese schon lange mit. Ich bin auch bei eurem Sweet16 Programm dabei. Der ganze Ansatz gefällt mir und ich merke wirklich, ihr meint es ehrlich mit dem was ihr sagt, auch die “psychologische Betreuung” ist 1a. Ohne hätte ich nicht bis jetzt durchgehalten. Auch die geplante Spendenaktion finde ich mega. Also bitte weiter so schreiben und bitte bleibt einfach wie ihr seid! Freue mich mit euch auf bunq #12😊

  6. Hallo Herr Blackwater 🙂

    ich bin einer der genannten Coaches, momentan inaktiv aufgrund von Zeitmangel.
    Trotzdem würde ich Ihren Artikel gerne auf meiner Facebook Seite teilen.

    Wäre das ok?

    Gruß
    BM

      1. Wenn ich gar nicht weiter komme, würde ich auch ein Coaching in Anspruch nehmen wollen. Da Blackwater als echter Insider aus der Bankenwelt berichtet, hat es eine ganz andere Wertigkeit für mich wie wenn jemand schreibt, der kein Banker ist. Daher finde ich diese Seite auch ganz großes Kino!

        Vor einiger Zeit habe ich wegen meiner Mutter in eine Filialbank müssen. Die Verkäufer scheinen immer jünger und unerfahrener zu werden. Wenn ich mit mittlerem Alter und Vermögen vor einem Endzwanziger ohne Vermögen sitze, dann ist es sicher kein Gespräch auf Augenhöhe. Und mit Texte aus Werbeheften erklären lassen sowieso nicht.

  7. Aktuell ist eine absolute Boomphase für jede Art von Geldanlagen. Die Bürger haben so viel Geld wie noch nie zur Verfügung. Und so wird gekauft was das Zeug hält. Immos, Cryptos, Gold und selbst Nussplantagen. 😂 Wie und ob das alles klappt und einen Mehrwert bringt, werden wir erst danach sehen. Nach der Krise. Es soll sogar Cryptomillionäre geben. Verrückte Zeit.

    Was die Geldanlage bei Orhan, Mini und Vertriebsfreddy angeht 😂😂, ähm, da ist wohl niemanden mehr zu helfen. Von der Sparkasse zu denen ist auch kein grosser Unterschied. Spasskass nennst du die ja immer. Spasskassvertrieb= Halbwissen/Ankreuztest mit Obermeiereindruck. Freier Finanzvertrieb= Halbwissen/Tschakaseminare mit Sonnenstudioeindruck. Beide verkaufen Provisionprodukte. Und beide hinterlassen nur verbrannte Erde bei Kunden.

    Die meisten haben von Honorarberatung noch nie was gehört. Aber mal ehrlich, wer zahlt hier auch Geld für Beratung? Omg, omg, omg. Gibt es doch auch umsonst.🙄 Deutsche sind meistens Sparbrötchen.🙄

  8. Der Artikel beschreibt gleich mehrere Probleme ganz gut. Aber inzwischen denke ich es ist gar nicht gewollt, dass bestimmte Probleme gelöst werden. Auch dieses nicht. Seit Jahren sind diese Maschen bekannt. Bekannt ist auch was in Banken passiert. Die Politik handelt nicht oder kaum, es ändert sich einfach nichts. Daher denke ich es liegt einfach am fehlenden Willen. Absichtserklärungen sind nur Beruhigungspillen.

    Dir sollten sie eigentlich eine Spalte in der FAZ geben, um als Banker über solche Dinge zu schreiben. Das wird aber nie passieren und selbst große Blogs mit Finanzwissen bleiben Insiderwissen für eine Minderheit. Der Rest der Kunden wird einfach weiter verarscht. Es ist einfach zum K. Ob sich die Politik mal fragt, was es für Zustände/Folgen in 30 Jahren alles haben wird? Sorry Leute, rege mich gerade auf.

  9. Hi! Also ich gehöre zu denen, die auf die freien Finanz-Typen schon reingefallen sind. Braun waren die von Natur aus, gut gekleidet, angeblich erfolgreich. Später habe ich gelernt, erfolgreich im verkaufen heisst nicht, was verkauft wird ist gut. Es kann auch einfach heissen, der Verkäufer ist gut. Aber was nützt das dem Kunden dann? Egalo.

    Mir hat es nur Ärger gebracht. Der Artikel ist wirklich gut, richtig gut! Sollten mehr Leute lesen. Wer danach noch vereiert wird mit Lebensversicherungsverträgen und ähnlichen Schrott ist, der will es so.

  10. Erstklassig! Auch der Kommentar von der Bankerin. Ich werde bei der nächsten Diskussion im Bekanntenkreis auf den Artikel verweisen. Und, schon vom heissen Tipp gehört? Geldanlage bei Mike von der Allianz. Der Riester mit eingebauten Turbo.

  11. Sehr guter Artikel, der die Wirklichkeit beschreibt. Ich habe mehr als 40 Jahre im direkten Vertrieb mit Kunden bei einer Filialbank gearbeitet. Der Verkaufdruck ist in den letzten Jahren immer weiter gesteigert worden und der Erfindungsreichtum von nichtsnutzigen Geldanlagemöglichkeiten ist unendlich geworden.

    Ein Chef hat mal zu mir wörtlich gesagt, weil der Vertrieb von bestimmten Produkten bei mir nicht so lief, wie es gewünscht wurde: “Wissen hemmt Verkauf”. – Stimmt, denn wenn man sich in der Materie auskennt, weiß man, was halbwegs sinnvoll ist und was nur “Provisionsschneiderei” ist.

    Ich habe auch die Erfahrung gemacht wenn man etwas verkauft und der Kunde kommt dahinter, was es für ein Blödsinn ist, dann sieht man diesen Kunden nicht mehr wieder ….

    Das haben leider die Verantwortlichen in den einzelnen Häusern nur noch nicht kapiert ….
    … das ist dann Kundenvertreibung und nicht Vertrieb ….

    Heute bin ich im Ruhestand und kann mir das Ganze von außen ansehen. Ich kann nur JEDEN ermuntern, sich um sein Geld selbst zu kümmern, es ist eigentlich überhaupt nicht schwer.

    1. Danke für diesen Insider-Bericht. Vor allem diese Aussage bestätigt auch meine Erlebnisse zum Thema Banken und Vertrieb: „Erfindungsreichtum von nichtsnutzigen Geldanlagemöglichkeiten ist unendlich geworden.“

      Seien Sie froh im Ruhestand zu sein.

      @Blackwater: Ein ganz anderer Finanzblog. Gefällt mir!

  12. Hallo und ganz kurz: Am Montag gibt es ein kleines Tutorial bei mir auf der Seite: Wie kaufe/bespare ich einen ETF. Habe gerade beschlossen einen Artikel daraus zu machen.

  13. Diesen Artikel sollte man durch das ganze Netz jagen! Dabei ist der m.E. noch milde formuliert. Aber ich habe dich als versöhnlichen Menschen kennen gelernt, ist wohl dieser Tatsache geschuldet.

    Das Problem ist sehr gut heraus gearbeitet! Ich danke dir für diesen Artikel. Wer jetzt noch den Verkäufern auf den Leim geht ist selbst schuld. Gruss Peter (der aus Mitteldeutschland)

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