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Investments So gefährlich können ETFs sein

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Aus aktuellem Anlass: Die FAS postete einen Clickbait Artikel (@danke an einen unserer Stammleser für diesen Hinweis) über ETFs. Hier geht es aber um Anleihen-ETFs und nicht um unsere üblichen All-World Aktien ETFs.

Daher bitte nicht verunsichern lassen!

 

 

So gefährlich können ETFs sein

Indexfonds sind beliebt wie nie. Doch ihr Erfolg kann unangenehme Nebenwirkungen haben. Worauf Sie als ETF-Besitzer gefasst sein müssen.  

Es ist noch nicht lange her, da galten Anleihen in der Welt der Geldanlage als eine Sache von gestern. Was wollte man auch anfangen mit Papieren, die zwar in der Theorie regelmäßige Zinserträge versprachen, für die es in der Praxis aber ein gutes Jahrzehnt lang kaum Zinsen gab? Das Interesse der Anleger wurde Jahr für Jahr geringer.

Doch seit die Notenbanken in aller Welt der Inflation mit reichlich Verspätung den Kampf angesagt haben und die Leitzinsen in nie dagewesenem Tempo erhöhen, sind Anleihen plötzlich wieder in aller Munde. Einerseits durchaus im positiven Sinne, weil der allgemeine Zinsanstieg dazu geführt hat, dass Anleihen mit einem Mal wieder recht ansehnliche Renditen einbringen – für ausfallsichere deutsche Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit gibt es derzeit 2,3 Prozent.

Der zwiespältige Charakter der Anleihen

Andererseits haben Anleihen gerade in letzter Zeit auch für eine Menge Wirbel gesorgt. Die bis dato kaum bekannte kalifornische Silicon Valley Bank erregte weltweit Aufsehen, weil sie wegen Verlusten zusammenbrach, die ausgerechnet Staatsanleihen in ihrem Besitz verursacht hatten. Steigende Zinsen sind nämlich nur dann gut für Anleihebesitzer, wenn sie die Papiere bis zum Ende der Laufzeit im Depot behalten.

Wer in diesen Tagen dagegen ältere Anleihen vor dem Laufzeitende verkaufen möchte, steht vor einem Problem: Da diese Anleihen wegen des allgemein höheren Zinsniveaus im Vergleich zu den neuen Papieren weniger attraktiv sind, sinkt automatisch ihr Kurs. Anleger können sie also nur mit einem Abschlag loswerden. Genau dies wurde der Silicon Valley Bank in Verbund mit schlechtem Risikomanagement zum Verhängnis.

Das Beispiel zeigt: Anleihen können einen zwiespältigen Charakter haben.

Zu einer bestimmten Gruppe von Anlegern scheint dieses Wissen aber noch nicht durchgedrungen zu sein. Die Rede ist von den Anhängern börsengehandelter Indexfonds, besser bekannt unter dem Kürzel ETF (Englisch für Exchange-Traded Fund). Zumindest lässt sich eine gewisse Sorglosigkeit vermuten, wenn man sich anschaut, wo diese Anleger gerade besonders gerne investieren: ausgerechnet in Anleihe-ETFs.

Für jede Nische gibt es einen ETF

Die Begeisterung für Anleihe-ETFs erscheint auf den ersten Blick wenig verwunderlich, da sie zwei populäre Entwicklungen miteinander verbinden: erstens das grundsätzliche Interesse an ETFs, die seit Jahren für Furore sorgen, weil sie die Wertentwicklung von Finanzbarometern wie Deutschlands Dax oder Amerikas S&P 500 kostengünstig abbilden.

Und zweitens die neuerwachte Lust auf Anleihen, die sich – so die Annahme – eben auch viel günstiger und einfacher mithilfe eines ETFs ins Portfolio inte­grieren lassen. Große Fondsgesellschaften wie Blackrock kommen diesem Wunsch nur zu gerne nach: Konzentrierten sie sich lange nur darauf, Aktien-ETFs aufzulegen, so gibt es seit einiger Zeit immer mehr Indexfonds auf Anleihen.

Für jede Nische, ob nun für Schwellenländeranleihen oder für riskante Unternehmensanleihen mit dem Namen „High-Yield“, gibt es mittlerweile einen eigenen Index und einen ETF, der dessen Wertentwicklung nachzeichnet. Weltweit sind nun stolze 2000 Milliarden Dollar in Anleihe-ETFs angelegt.

Ein zentrales Versprechen der Anbieter stützt den Hype. Technisch formuliert lautet es: Anleihe-ETFs machen illiquide Märkte liquide. Oder leichter verständlich ausgedrückt: War es früher insbesondere für Privatanleger schwierig, eine einzelne Anleihe zu kaufen und wieder zu verkaufen, so ist das mit ETFs nun kinderleicht, versichern die Anbieter.

Eine große Täuschung?

Das aber ist genau das Problem. Denn es bestehen ernst zu nehmende Zweifel, ob man den Anbietern diese Zusicherung wirklich abnehmen kann. Der Einwand geht so: Ähnlich wie Anleihen haben auch Anleihe-ETFs einen zwiespältigen Charakter. Ausgerechnet ihr wichtigstes Versprechen, die bessere Handelbarkeit, können sie womöglich dann nicht einhalten, wenn es besonders darauf ankommt – nämlich in turbulenten Zeiten. Hart formuliert wären Anleihe-ETFs demnach eine große Täuschung. In Zeiten, in denen das Finanzsystem ohnehin unter Stress steht, tut sich so eine weitere, bislang wenig beachtete Gefahrenquelle auf.

Um die Gefahr zu verstehen, ist es nötig, sich zunächst einmal anzusehen, wie die Sache in ruhigen Kapitalmarktzeiten abläuft. Wenn sich Privatanleger derzeit Anleihen kaufen wollen, stoßen sie auf zwei Hürden. Da sind zunächst regulatorische Vorgaben der EU, die Anleger eigentlich vor Missbrauch schützen sollten, de facto aber dazu führen, dass insbesondere Firmenanleihen nur Großinvestoren angeboten werden. Und da sind zweitens die hohen Stückelungen vieler dieser Firmenanleihen, die den Kauf zusätzlich erschweren: Für den Erwerb müssen Anleger oft 50.000 oder gar 100.000 Euro oder Dollar einsetzen.

Beide Schwierigkeiten beseitigen Anleihe-ETFs mühelos, wie die Fondsbranche gerne betont. Ein einzelner ETF-Anteil lässt sich oft für wenige hundert Euro kaufen, und im ETF enthalten sind häufig viele jener Firmenanleihen, zu denen Anleger sonst kaum Zugang hätten. „Das ist ein echter Fortschritt“, sagt Konrad Kleinfeld, der den Europa-Vertrieb von State Street leitet.

ETF-Käufer sind eine relativ homogene Gruppe

Eine Einschätzung, der Jochen Felsenheimer durchaus zustimmt, solange es an der Börse einigermaßen entspannt zugeht. Doch der Geschäftsführer der Münchner Anlagegesellschaft Xaia und Spezialist für Anleihen aller Art sagt zugleich: „Es handelt sich aus meiner Sicht um ein Pseudoargument. Denn wichtig ist nicht, ob ein bestimmtes Anlageinstrument in normalen Zeiten die Handelbarkeit verbessert. Sondern wie es unter Stress reagiert. Und hier habe ich insbesondere beim Blick auf engere Anleihemärkte große Zweifel.“

Felsenheimers Argument funktioniert folgendermaßen: Im Normalfall findet sich für ETF-Anteile, die ein Investor abgibt, immer auch ein Käufer. In Zeiten von Marktunruhen kann das aber anders sein, was auch damit zu tun hat, dass es sich bei den ETF-Käufern um eine relativ homogene Gruppe handelt, wie der Xaia-Geschäftsführer beobachtet hat. „Viele folgen den allgemeinen Markttrends und handeln mehr oder weniger synchron.“

Sind Anleihen beliebt, steigen diese Investoren also in großem Stil ein, mehren sich dagegen in der öffentlichen Wahrnehmung die Zweifel an den Papieren, steigen sie wieder aus. „Prozyklik“ heißt das verharmlosend im Finanzjargon. Doch das Fachwort verdeckt, dass eine solche Situation das Funktionieren eines Marktes gefährden kann. Denn wenn alle verkaufen wollen, gibt es naturgemäß keine Käufer. Insbesondere bei spezielleren Anleihemärkten (Schwellenländeranleihen oder die erwähnten High-Yield-Papiere) hält Felsenheimer eine solche Situation für möglich. Hinzu kommt, dass sich mit steigender Zahl der ETF-Investoren immer weniger Marktakteure überhaupt noch für einzelne Anleihen interessieren. Auch das kann zu einer eingeschränkten Handelbarkeit führen.

„Eingebaute Spillover-Effekte“

Felsenheimer geht sogar noch weiter. Er kritisiert, dass die Konstruktion der Anleihe-ETFs zu „eingebauten Spillover-Effekten“ führen könne. Damit ist Folgendes gemeint: Angenommen, ein Anleiheindex verliert an Wert, weil ein paar wenige Firmen im Index in Schwierigkeiten stecken. Wenn sich viele Investoren nun entscheiden, deswegen ihre ETF-Anteile zu verkaufen, wird nicht differenziert, da sie sich ja nicht von einzelnen Anleihen trennen können, sondern nur von Indexanteilen. Der Verkauf mag also durch schlechte Nachrichten bei einzelnen Unternehmen im Index ausgelöst worden sein, er betrifft aber den Index als Ganzes. Es kommt also gewissermaßen zu einem Überschwappen der schlechten Nachrichten von einzelnen Firmen auf alle Firmen im Index. Das Ganze kann dramatische Folgen haben: Sobald andere Anleger mitbekommen, dass die ETF-Anleger das Vertrauen in ein bestimmtes Segment des Anleihemarktes verloren haben, könnten auch sie das Vertrauen verlieren und ihre Anleihen verkaufen. Am Ende könnte das in einen veritablen Anleihe-Crash münden.

Es gibt allerdings ein stichhaltiges Gegenargument gegen diese Überlegungen. In der Praxis haben selbst die strengen Experten der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) eine solche Entwicklung bislang nie feststellen können. Nicht einmal im März 2020, als die Corona-Krise auf die Kapitalmärkte übergriff, kam es zu ernsthaften Störungen, weist die BIZ in einer Studie nach.

Sind die Sorgen also übertrieben? Eine neue Studie der vier Finanzmarktforscher Naz Koont, Yiming Ma, Lubos Pastor und Yao Zeng aus dem Februar 2023 kann leider keine Entwarnung geben. Die Wissenschaftler blicken dabei noch tiefer auf die Feinheiten des ETF-Marktes.

Wie geht die Geschichte aus?

Wenn ein Anleger ETF-Anteile zurückgeben möchte, kümmern sich spezielle Firmen – die sogenannten Authorized Participants (APs) – darum, dass diese Anteile ihren Weg zu einem interessierten ETF-Käufer finden. Wenn gerade niemand kaufen möchte, haben diese spezialisierten Händler auch die Möglichkeit, die Anteile an die Fondsgesellschaft zurückzugeben, die den ETF aufgelegt hat. Im Gegenzug erhalten sie dafür einen Korb aus Anleihen, die Teil des abgebildeten Index sind.

Je mehr ETF-Anteile die Händler nun zurückgeben müssen, desto mehr Anleihen erhalten sie im Tausch dafür. Dies kann so weit gehen, dass die Händler irgendwann keine weiteren Anleihen akzeptieren wollen, weil sie sonst zu viele ähnliche und womöglich unverkäufliche Anleihen in ihren Büchern hätten. Eine massive Störung des ETF-Marktes und des Anleihemarktes wäre die Folge, befürchten die Forscher.

Die Fondsbranche hält das Argument für aufgebauscht, zumal noch immer das meiste Geld direkt in Anleihen investiert werde und nicht in Anleihe-ETFs. Allerdings zeigt der Trend klar in Richtung der Indexfonds. Ob die Geschichte am Ende glimpflich ausgeht, ist also längst noch nicht ausgemacht.

Quelle: F.A.S.

Susanna 05/04/2023 9:42 am

@mrtn F.A.S. eben 😂

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1 Antwort
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Ganz klar: ETFs sind böse, also besser weiter bei Spasskass und Co. bleiben!

In dem Artikel wird so viel Unsinn miteinander vermischt, dass es echt weh tut. Ein ETF ist nur ein Vehikel/Instrument, d.h. ich kann da alles reinpacken. Vielleicht sollte ich einen ETF auf die Zeugungsfähigkeit vietnamesischer Wasserbüffel aufmachen (das würde gehen). Brauche nur noch einen fancy Namen, damit der sich verkauft.

Und zu den Anleihen-ETFs: man sollte verstehen, in was man investiert. Die FAS (musste ich erst googeln, kannte nur FAZ) mixt hier munter alles durcheinander (Staatsanleihen, Unternehmensanleihen, High Yield, Schwellenländer etc.) Natürlich haben die unterschiedliche Bonitäten. High Yield und Schwellenländer versprechen höhere Zinszahlungen, erkauft mit mehr Risiko.

Dummerweise liest Lieschen Müller oder Max Mustermann den Artikel und denkt: "oh, ETFs sind schlecht!" - das ist das, was wirklich schade ist! Und dann wundern sich die Verleger, warum keiner mehr Zeitungen kauft...

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